Die Soziale Marktwirtschaft hat sich bereits mehrfach in der Krise bewährt. Denn Staat und Privatwirtschaft schaffen zusammen eine Balance zwischen Wettbewerb und sozialer Absicherung – auch in Zeiten der Corona-Pandemie.
30. November 2020Die Soziale Marktwirtschaft hilft denen, die unverschuldet in Not geraten und bekämpft die Pandemie zu möglichst niedrigen wirtschaftlichen Kosten. Sie sorgt über den Markt für schnelle und notwendige Anpassungsprozesse. Und die Soziale Marktwirtschaft hat jenen Wohlstand und Fortschritt ermöglicht, von dem wir in einer Krise wie dieser profitieren. Was neben der medizinischen Versorgung und der epidemiologischen Vorsorge jetzt gefragt ist: eine kluge Finanz- und Wirtschaftspolitik, die uns so schnell wie möglich aus dem wirtschaftlichen Tal herausführt.
Kurzfristig sind die Hilfsprogramme der Bundesregierung im Rahmen der Corona-Pandemie richtig und wichtig, weil sie während der Einschränkung des öffentlichen Lebens die Unsicherheit für Bürger und Unternehmen verringern. Deutschland kann sich eine temporäre Neuverschuldung leisten, weil es vor Beginn der Corona-Krise einen im internationalen Vergleich niedrigen Schuldenstand aufwies und aufgrund seiner daraus resultierenden guten Bonität zu relativ niedrigen Zinsen Kredite aufnehmen kann. Die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse hat dazu einen wichtigen Beitrag geleistet. An ihr muss festgehalten werden.
Nach der akuten Corona-Wirtschaftskrise muss eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik im Rahmen der Schuldenbremse Wohlstand und Beschäftigung in Deutschland sichern. Denn langfristig führt nur Wirtschaftswachstum in Verbindung mit einem hohen Beschäftigungsniveau aus dem durch Corona angestiegenen Schuldenstand heraus. Hingegen sind Steuererhöhungen kontraproduktiv – sei es in Form einer Vermögens-, einer Reichensteuer oder einer Corona-Sonderabgabe – sie alle sind Gift für das Wachstum und gefährden damit Wohlstand und Beschäftigung.
Aufgrund der Corona-Krise rechnen die Steuerschätzer im Jahr 2020 mit um 71 Milliarden Euro geringeren Steuereinnahmen als im Vorjahr. Das schränkt den finanzpolitischen Handlungsrahmen erheblich ein. Gab es schon vor der Corona-Krise kein seriöses Finanzierungskonzept für die Grundrente, wirkt sie nun aufgrund ihrer jährlich und dauerhaft anfallenden Belastung völlig aus der Zeit gefallen. Da die Grundrente zudem vermutlich verfassungswidrig ist, muss die Große Koalition die Grundrente stoppen.
Auch die Kassen der Sozialversicherungen stehen durch Corona unter erheblichem Druck. Bei der Rentenversicherung beispielsweise werden die Einnahmen dieses Jahr durch Kurzarbeit und steigende Arbeitslosigkeit sinken. Im Jahr 2021 folgt dennoch aufgrund der Rentengarantie keine Rentenkürzung, sondern eine Nullrunde für Rentner, während Beitrags- und Steuerzahler mit einem auf bis zu 20 Prozent steigenden Beitragssatz und einem tieferen Griff in die Steuerkasse rechnen müssen. Die Folgen von Corona belasten damit die Beitrags- und Steuerzahler einseitig. Das schiebt die demografischen Lasten aus der Zukunft in die Gegenwart und verschärft das Problem zusätzlich. Um die Corona-Folgen solidarisch zwischen Beitragszahlern und Rentenempfängern zu verteilen, muss dringend der Nachholfaktor in der Rentenanpassungsformel wieder eingesetzt werden.
Langfristig muss es in Deutschland um eine verlässliche Wachstumsstrategie für die Wirtschaft gehen, damit die Soziale Marktwirtschaft weiterhin Wohlstand und Beschäftigung sichert. Dazu gehört, die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, unter anderem mit einem wettbewerbsfähigen Steuer- und Abgabensystem (Stichwort: Soli perspektivisch für alle abschaffen), einer schnellen und verlässlichen Verwaltung und einer Entlastung der Unternehmen von unnötiger Bürokratie. Zu guter Letzt muss für die Exportnation Deutschland klar sein, den freien Handel international und mit europäischen Abkommen voranzubringen.
Digitale Lern- und Lehrkonzepte fehlen in Deutschland. Monate ohne Schule können in der Bildungsbiografie nicht immer aufgeholt werden. Eine „Corona-Delle“ in den betroffenen Jahrgängen wird bleiben. Zusätzliche Folge: Die Lücke zwischen bildungsfernen und bildungsnahen Schülerinnen und Schülern wird in der Corona-Pandemie größer. Was deshalb – nicht nur wegen der Corona-Pandemie – dringend zu tun ist: Digitale Lehr- und Lernkonzepte sind zu entwickeln und benötigte digitale Technologien zu integrieren. Darüber hinaus ist digitales Lernen in der Lehrkräftebildung, in den Lehrplanvorgaben und in der Weiterbildung verbindlich und systematisch zu verankern. Außerdem sollten in den rund 40.000 Schulen in Deutschland 20.000 IT-Kräfte zusätzlich eingestellt werden. Insgesamt werden dafür jährlich rund zwei Milliarden Euro zusätzlich benötigt. Die Mittel des Konjunkturpakets der Bundesregierung stellen dafür einen ersten Schritt dar, reichen jedoch nicht aus.
Dass eine solche Politik auch von der Bevölkerung gefordert wird, zeigt eine Umfrage im Auftrag der INSM. Rund 60 Prozent der Eltern sind „ganz allgemein mit der Qualität des Unterrichts für ihre Kinder während der Corona-Pandemie“ unzufrieden. Ein Grund für die Unzufriedenheit liegt nach Einschätzung der repräsentativ Befragten in mangelnder Qualifikation der Lehrenden. Über die Hälfte der Eltern in Deutschland ist nämlich auch mit der „technischen Qualifikation der Lehrer ihrer Kinder während der Corona-Pandemie“ unzufrieden. Gefordert wird deshalb von der überwältigenden Mehrheit „eine Pflicht zur digitalen Weiterbildung von Lehrkräften“.
Eine schlanke Bürokratie würde sowohl in den Unternehmen wie in der öffentlichen Hand viel Geld sparen. Bürokratieabbau ist aktuell wichtiger denn je. Die Politik muss jetzt die Abschaffung kostenintensiver bürokratischer Belastungen beschließen. Außerdem sollte die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung schneller und umfassender vorangetrieben werden. Das würde auch Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen. E-Government hilft, Bürokratie und Kosten für Unternehmen abzubauen.